Der Kommentar am Sonntag in DNEWS24.
Gedankenmacher: Der Volksentscheid
Landtagswahl in zwei großen Bundesländern. Das fühlt sich wie eine kleine Bundestagswahl an. Und es könnte zu einer Abrechnung mit der unbeliebten Ampelregierung in Berlin kommen.
Allein in Bayern sind rund 9,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger zur Landtagswahl 2023 stimmberechtigt. Von ihnen sind 5,93 Millionen älter als 45 Jahre. In Hessen sind 4,3 Millionen Bürger wahlberechtigt.
Der demographische Wandel wirkt sich auf Zahl der Stimmberechtigten in Bayern aus
Die Einwohnerzahl Bayerns wächst, allerdings ist die Zahl der potenziell stimmberechtigten Bevölkerung zwischen dem 31.12.2018 und dem 31.12.2022 um etwa 68.000 Personen zurückgegangen.
Hier wirkt sich die Entwicklung der Altersstruktur aus. Die Anzahl der Älteren im Freistaat hat deutlich zugenommen und damit auch die Anzahl der Sterbefälle. Dazu kommt die Erhöhung der Zahl der Sterbefälle während der Corona-Pandemie. Gleichzeitig sind weniger junge Deutsche in Bayern volljährig geworden, weil Anfang der 2000er-Jahre die Zahl der Geburten vergleichsweise niedrig war. Zuletzt haben seit dem Jahr 2014 mehr deutsche Personen Bayern verlassen, als zugezogen sind.
Die Kombination aus niedrigem Wanderungssaldo und veränderter Altersstruktur bewirkt, dass die Zahl der deutschen Bevölkerung im Erstwähler-Alter von 18 bis 22 Jahren zwischen dem 31.12.2018 und dem 31.12.2022 um etwa 42.000 Personen zurückgegangen ist.
Aktuelle Umfragen sagen Klatsche für die Ampel voraus
Folgt man den Demoskopen (Politbarometer ZDF), wird die FDP aus den Landtagen in Bayern (3 %) und Hessen (knapp 5 %) fliegen. Die Grünen kommen auf 16 % (Bayern) bzw. 17 % (Hessen). Im Freistaat erwartet die Kanzlerpartei SPD ein einstelliges Ergebnis (9 %), in Hessen dürfte die Spitzenkandidatin Nancy Faeser mit prognostizierten 17 % ein historisch schlechtes Ergebnis einfahren. Die AfD kann in Bayern auf 14 % hoffen, in Hessen sind sogar 16 % drin. Die Freien Wähler bleiben in Bayern stark (14 %) und in Hessen schwach (4 %).
Die CDU in Hessen wird deutlich stärkste Partei. 32 % erwartet der Ministerpräsident Boris Rhein. Auch in Bayern wird die ewige Regierungspartei CSU deutlich stärkste Kraft werden – 37 % sind für Ministerpräsident Markus Söder prognostiziert. Allerdings wäre dies in etwa das gleiche Ergebnis, wie vor fünf Jahren und käme dem Selbstanspruch der CSU nicht einmal nahe.
Zwei Wahlen – ein Gewinner, drei Verlierer
Stimmen die Endergebnisse in etwa mit den Prognosen überein, wird es einen strahlenden Sieger heute Abend geben – Boris Rhein. Seine CDU wird nicht nur stärkste Partei, sie verbessert sich und kann sich einen Koalitionspartner aussuchen.
Ganz anders in Bayern. Markus Söder ist es nicht gelungen, seine CSU aus dem selbstempfundenen Tal der Wähler-Liebe zu führen. Wohl nicht auf ewig, aber auf absehbare Zeit, dürften seine Berlier Ambitionen damit ad acta gelegt werden. Wenn ihn die CSU denn überhaupt weiter in seinem Büro in der Münchener Staatskanzlei belässt.
Eng wird es auch für die unbeliebteste Bundespolitikerin, die hessische Spitzenkandidatin und Bundesinnenministern Nancy Faeser. Ihre mindestens unglückliche Amtsführung in Berlin und der von Pleiten gekennzeichnete Wahlkampf in Hessen könnte sie ihr Amt kosten.
Gespannt darf man auch auf die Wahl-Analyse von Christian Lindner sein. Seine FDP stürzt seit dem Beginn der Ampelregierung in allen Umfragen ab und fliegt reihenweise aus den Landtagen. Geht das so weiter, ist selbst der Einzug in den Bundestag nach der nächsten Wahl 2025 gefährdet. Was tun, Herr Lindner?
Zwiespältig bleibt das Bild der AfD und das der Freien Wähler. Die AfD wird in beiden Landtagen zweistellig vertreten sein, eine Chance auf eine verantwortliche Mitarbeit – wenn diese Partei dies überhaupt will – wird sie nicht bekommen. Als Koalitionspartner ist sie weder gewollt noch gar benötigt. Die Freien Wähler werden in Bayern gestärkt werden, „Hubsi“ sei Dank, trotz (oder wegen?) der Flugblatt-Affäre. In Hessen werden sie wohl nicht einmal in den Landtag kommen. Die bundesweiten Bäume des Hubert Aiwanger wachsen halt nicht in den Wähler-Himmel…
Und Olaf Scholz? Der von vielen Wählern mittlerweile für extrem schwach gehaltene Kanzler der unbeliebtesten Bundesregierung aller Zeiten wird auch dieses Wählervotum ausschweigen. Er sitzt fest im Sattel, bis die SPD-Troika – Esken, Klingbeil, Mützenich – erkennt, das mit dem Mann kein Staat zu machen ist und ihn austauschen. Dafür wäre jetzt die letzte Gelegenheit. Verpassen die SPD-Granden diese Chance, könnten die SPD-Sherpas im Herbst 2025 das Bundeskanzleramt wieder räumen müssen und Scholz eine für Deutschland kurze, aber quälende Episode bleiben.
Der Autor
Uwe-Matthias Müller ist Gründer und Vorstand des Bundesverband Initiative 50Plus, des Bundesverband Initiative 50Plus Austria und Sprecher des European Center of Competence for Demography.
Bis 1996 hat er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in (West-)Berlin gelebt. Nach zwei Jahren im Ausland lebt er heute in Bayern.
Uwe-Matthias Müller kommt viel und gern nach Berlin. „Als Berliner auf Zeit geniesst man nur die Vorteile der Hauptstadt und kann die vielen Unzulänglichkeiten, unter denen die Bewohner täglich leiden, einfach ignorieren.“
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