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Ukraine-Hilfe: Große Kluft zwischen Ankündigungen und tatsächlicher Leistung
Der aktuelle Ukraine Support Tracker des Instituts für Weltwirtschaft zeigt: Europa weitet die Ukraine-Hilfen zwar aus, kann aber die ausbleibenden US-Hilfen nicht ersetzen
Der Ukraine Support Tracker enthält ab sofort eine neue Messgröße, um ausländische Regierungshilfen für die Ukraine zu verfolgen – die „Zuweisungen“ konkreter Hilfspakete. Die neuen Daten zeigen, dass Hilfen aus Europa die aus den USA schon lange übertreffen – nicht nur in Bezug auf die Zusagen, sondern auch in Bezug auf die konkreten Hilfszuweisungen. Das jüngste EU-Paket der Ukraine garantiert den Fluss finanzieller Hilfen, aber die Lücke zwischen den EU-Zusagen (144 Mrd. EUR) und den zugewiesenen Mitteln (77 Mrd. EUR) ist zwei Jahre nach Beginn des Ukraine-Krieges nach wie vor sehr groß. Um die US-Militärhilfe im Jahr 2024 vollständig zu ersetzen, müsste Europa sein derzeitiges Niveau und Tempo der Waffenhilfen verdoppeln.
„Bislang lag unser Schwerpunkt auf den zugesagten Hilfen an die Ukraine, d. h. auf die Summe aller für die Zukunft erklärten Hilfen. Ein anderer Ansatz war kaum möglich, weil die Transparenz zu den konkreten Hilfslieferungen so gering war. Viele Regierungen sind nun aber transparenter geworden, und spezifizieren Ihre Ukraine-Hilfen, so dass wir methodisch einen Schritt weiter gehen können. Mit der jüngsten Aktualisierung erfasst der Ukraine Support Tracker nicht nur “Zusagen“, sondern auch „Zuweisungen“ konkreter Hilfspakete, deren Lieferung an die Ukraine als sicher gelten kann. Die Daten zu den „Zuweisungen“ vermitteln ein viel besseres Bild von der Hilfe, die tatsächlich in der Ukraine ankommt“, sagt Christoph Trebesch, Leiter des Ukraine Support Tracker und Forschungsdirektor am Kieler Institut. „Damit umfasst der Ukraine Support Tracker nun drei Kategorien: Zusagen, Zuweisungen und erfolgte Lieferungen.“
US-Hilfen zum Stillstand gekommen
Das jüngste Update zeigt, dass die US-amerikanischen Hilfszusagen und -lieferungen seit Ende 2023 im Wesentlichen zum Stillstand gekommen sind, da kein neues Hilfspaket den US-Kongress passiert hat. Die europäische Hilfe hingegen nimmt weiter zu, sowohl in Bezug auf die Zusagen als auch in Bezug auf die „Zuweisungen“ von Waffensystemen und weiteren konkretisierten Hilfspaketen zur Lieferung an die Ukraine.
Die neuen Daten zeigen eine große Lücke zwischen der allgemeinen “Zusagen” und den konkren Hilfs-“Zuweisungen”. Bis zum 15. Januar 2024 haben die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten insgesamt 144 Mrd. EUR an Hilfe zugesagt, aber nur 77 Mrd. EUR davon zugewiesen, also konkretisiert und zur Lieferung bereitgestellt.
Das Volumen der von der EU insgesamt zugewiesenen Finanzhilfen (34 Mrd. EUR) ist ähnlich hoch wie die zugewiesenen Militärhilfen (35,2 Mrd. EUR), und die Relation von Finanz- und Militärhilfe ist seit Kriegsausbruch ungefähr gleichgeblieben.
„Mit der formalen Genehmigung des 50-Milliarden-Hilfspaketes der EU für die Ukraine scheint die finanzielle Hilfe bis auf Weiteres gesichert zu sein. Im Hinblick auf die militärische Hilfe ist dies weit weniger klar. Hier hat sich die Dynamik der EU verlangsamt“, so Trebesch.
Neu zugesagte Militärhilfen von knapp 10 Mrd. € – wenige große Geberländer
Die neu zugesagte Militärhilfe beläuft sich im aktuellen Erhebungszeitraum zwischen dem 1. November 2023 und dem 15. Januar2024 über alle Unterstützerländer hinweg auf 9,8 Mrd. EUR. Im gleichen Zeitraum des letzten Jahres beliefen sich die Zusagen auf 27 Mrd. €, wovon 21 Mrd. € von den USA stammten.
Die derzeitige Militärhilfe wird nach wie vor allem von einigen großen Gebern wie den nordischen Ländern, Deutschland, oder dem Vereinigten Königreich getragen, während viele andere Länder wenig oder gar nichts Neues zugesagt oder geliefert haben.
Die gesamten neuen Hilfszusagen – also militärische, finanzielle und humanitäre Hilfe – liegen im aktuellen Erhebungszeitraum bei 13,8 Mrd. EUR. Das finalisierte 50 Mrd. Euro EU Paket ist dabei nicht mitgezählt, weil es bereits 2023 angekündigt wurde und daher schon im Datensatz war.
Auch im militärischen Bereich ist ein großer Unterschied zwischen der zugesagten und der tatsächlich zugewiesenen Hilfe zu erkennen. Deutschland ist nach wie vor der größte europäische Geber von Militärhilfe mit einem Gesamtvolumen seit Kriegsausbruch von 17,7 Mrd. EUR, wovon 9,4 Mrd. EUR für spezifische Militärpakete an die Ukraine auch zugewiesen wurden.
Das Vereinigte Königreich kündigte kürzlich neue Militärhilfe in Höhe von 2,9 Mrd. € an, womit sich seine militärischen Zusagen auf insgesamt 9,1 Mrd. € erhöhen. Davon wurden laut jüngster Erhebung 4,8 Mrd. € tatsächlich zugewiesen.
Was die nordischen Länder betrifft, so hat Dänemark das Volumen des dortigen Ukraine-Fonds seit dem 1. November 2023 um 3,5 Milliarden Euro erhöht und ist damit gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) einer der größten militärischen Unterstützer. Bislang hat Dänemark 8,4 Milliarden Euro an Militärhilfe zugesagt, 4,5 Milliarden Euro davon wurden konkret zugewiesen.
Norwegens mehrjähriges Nansen-Programm in Höhe von 6,6 Mrd. Euro steuert weiterhin Mittel für militärische Zwecke wie Luftverteidigung und Munition bei. Die konkretisierten militärischen Zuweisungen und Lieferungen an die Ukraine erreichen nun rund 1 Mrd. Euro.
EU-Militärhilfen: Frage des politischen Willens
Es ist ungewiss, ob die USA im Jahr 2024 weitere Militärhilfe leisten werden. Zwar hat der Senat just ein neues Hilfspaket bewilligt, eine Freigabe durch das Repräsentantenhaus unter Republikanischer Mehrheit steht aber noch aus. Die letzten US-Hilfsgelder für Waffenlieferungen sind Ende 2023 aufgebraucht worden. Insgesamt haben die USA seit Februar 2022 rund 43 Mrd. EUR an Militärhilfe bereitgestellt, das entspricht ca. 2 Mrd. EUR pro Monat.
Trebesch: „Europa wird seine derzeitige militärische Unterstützung verdoppeln müssen, falls die Vereinigten Staaten keine weitere Hilfen leisten. Das ist eine Herausforderung, aber letztlich eine Frage des politischen Willens. Die EU-Länder gehören zu den reichsten der Welt, und bisher haben sie nicht einmal ein Prozent ihrer 2021 Wirtschaftsleistung für die Unterstützung der Ukraine ausgegeben.“
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